Eine bessere Stadt kommt nicht von alleine!

Unter dieses Motto stellte die SPD ihren Rückblick auf hundert Jahre Sozialdemokratie in Emsdetten. Dieses Motto wird die SPD in Emsdetten durch dieses Jahr begleiten, beginnend mit dem schon traditionellen Neujahrsempfang. Etwa 300 Gäste, vor allem aus der Partei selbst und aus Emsdettens Vereinsleben, versammelten sich am Sonntag im Bürgersaal zur Geburtstagsausgabe dieses Ereignisses. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch der Justizministerin Katharina Barley (siehe gesonderter Bericht).
Bereits die Begrüßungsworte von OV-Vorsitzender Marita Haude wiesen darauf hin, dass dieses Motto Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bindet. Sie zeigte sich stolz auf die Tradition der SPD als ältester demokratischer Partei in Deutschland, deren Mitglieder ihren Einsatz für Freiheitsrechte und Gleichberechtigung vom Kaiserreich über die NS-Zeit bis in die DDR nicht selten mit Verfolgung und Inhaftierung, teilweise sogar mit dem Tod bezahlen mußten. Die Fortschritte, die wir als Menschen in Deutschland in Richtung „mehr Demokratie“ erreicht haben, kamen nie von allein, sondern waren stets das Produkt hartnäckiger Arbeit.
Das gelte auch für die lokale Ebene, wo die Arbeitsfelder wie eine gute Kinderbetreuung, Schulen, bezahlbarer Wohnraum, eine menschenfreundliche Innenstadt und gemeinschaftsstiftende Freizeitmöglichkeiten die SPD seit Jahrzehnten beschäftigten. „Von alleine“ gehe auch da nichts, für die nächsten hundert Jahre gebe es genug zu tun.
Bürgermeister Georg Moenikes verwies in seinem Grußwort auf wie Wichtigkeit des demokratischen Dialogs für die Weiterentwicklung der Stadt. Den trotz aller Meinungsverschiedenheiten im Detail einstimmig verabschiedeten Haushalt für 2019 sah er als wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit demokratischer Parteien. „Streiten nicht um des Streites willen, sondern um den besten Weg zu finden.“ Er schloss mit dem Appell, bei der bevorstehenden Europawahl teilzunehmen und die demokratischen Kräfte zu stärken.
Europa hatte auch die Bundestagsabgeordnete Ingrid Arndt-Brauer im Blick. Europa sei nicht einfach ein geographischer Ort, sondern ein Projekt für den Frieden. Das wirtschaftliche Zusammenwachsen Europas sei nie Selbstzweck gewesen, sondern ein Mittel, um darüber auch die Menschen einander näher zu bringen und sie gegenseitig an ihren Stärken teilhaben zu lassen. Das europäische Parlament, das am 26. Mai neu zu wählen ist, sei daher ein wichtiger Anker, damit das gemeinsame Europa auch ein demokratisches ist. Auf keinen Fall dürfe es rechten Demagogen und Europafeinden überlassen werden. Arndt Brauer gratulierte auch der Emsdettener SPD zu ihrem Hundertjährigen. Ob in Emsdetten, Berlin oder Brüssel: Politik sei eben immer auch das Resultat von Beharrlichkeit, der Bereitschaft auf dem Weg zum Ziel einer gerechten, friedlichen und freien Gesellschaft in Einzelfragen Kompromisse einzugehen. Sie verwies dabei auf die harte Arbeit der Sozialdemokrat/innen in der Bundesregierung. Diese demokratische Grundwahrheit müsse gerate im lauten Geschrei unserer Tage immer wieder neu vermittelt werden.
Kooperation kann auch schwungvoll und musikalisch daherkommen. Das bewies in den Pausen zwischen den Reden die „That‘s All“ Big Band unter der Leitung von Dieter Michel mit viel Können und Spielfreude. Viele Instrumentalist/innen konnten im Laufe des Vormittags ihr Improvisationstalent unter Beweis stellen, immer gestützt durch den Zusammenhalt der Gruppe. Ein treffendes Bild dafür, wie die Leistung Einzelner und das Zusammenspiel Vieler kein Gegensatz sind, sondern einander bedingen. Dass eine so talentierte Band aus der gemeinsamen Musikschule der Städte Greven, Emsdetten und Saerbeck hervorging, zeigt den Wert langfristig angelegter kultureller Strukturen auch abseits der Großstädte.
Für einen anderen kulturellen Höhepunkt griff die SPD dann doch auf das Potential der Großstädte zurück: Der Schauspieler und Kabarettist Fatih Çevikkollu aus Köln widmete sich unter dem Titel „Fatimorgana“ dem Schein und Sein. „Wir sind umgeben von Dingen, die eigentlich anderswo sind. Das Offensichtliche wird nicht besprochen.“ Zu den Offensichtlichen Dingen zählte er den Klimawandel und den tiefgreifenden Wandel von der Industrie- zu Digitalgesellschaft, in der es eben nicht nur technische Dinge, sondern auch ethische Normen ganz neu zu verhandeln gelte. „Technisch reisen wir zu den Sternen, gesellschaftlich in die Steinzeithöhle zurück.“
Unterhaltsam und unter Einbeziehung des Publikums führte er die Unkenntnis der heute Jungen über konventionelle Technologien („Wählscheiben kenne ich dem Hörensagen nach, weiß aber nicht, wie man sie benutzt“) und die der Über-Dreißigjährigen über die Nutzung neuester Technologien vor. Migrant zu sein, heiße nicht mehr, Ländergrenzen zu überqueren, sondern sich aus der analogen Welt in die digitale zu begeben. Mit Bezug auf den chinesischen Internet-Unternehmer Ma sagte Çevikkollu: Die Jugend muß jetzt das gelehrt werden, was „Intelligente“ Maschinen nicht leisten können: Humor, Empathie und Solidarität.
(Fotos: Gerd Endemann)